Publikation vom Juni 2016
Revision des Korruptionsstrafrechts in der Schweiz
Ausgangslage
Die Bestechung im privaten Sektor ist in der Schweiz bereits seit dem Jahr 2006 strafbar. Damals wurde eine Regelung in das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) aufgenommen. Danach kann gegen Privatpersonen Anzeige erstattet werden, wenn diese in Ausübung ihrer geschäftlichen und dienstlichen Tätigkeiten jemanden bestechen oder sich bestechen lassen. Vorausgesetzt wird dabei auch, dass aufgrund des entsprechenden Verhaltens der Markt verzerrt und der Wettbewerb in unzulässiger Weise verfälscht wird.
Neu wird ab dem 1. Juli 2016 die Privatbestechung als Straftatbestand im Schweizerischen Strafgesetzbuch geregelt. Gefordert sind vornehmlich Unternehmen. Was sind die neuen Rahmenbedingungen und welche neuen Herausforderungen ergeben sich daraus für Unternehmen in der Schweiz bzw. was sollte vorgekehrt werden?
Rückblick auf die bisherige Regelung
Trotz der grundsätzlichen Möglichkeit wurden seit Bestehen der Regelung soweit ersichtlich keine Verurteilungen wegen Privatbestechung ausgesprochen. Mit der am 25. September 2015 von den eidgenössischen Räten verabschiedeten Revision des Korruptionsstrafrechts dürfte sich dies nun aber deutlich ändern.
Der Umstand, dass Privatbestechung bislang straflos geblieben ist, liegt an den hohen Anforderungen gemäss UWG. Die heute gültige Regelung zur Privatbestechung ist nämlich als Antragsdelikt ausgestaltet, so dass die Behörden der Strafverfolgung lediglich bei Vorliegen eines Strafantrages tätig werden können. Gemäss UWG muss zur Bestrafung wegen Privatbestechung zudem zwingend eine Marktverzerrung bzw. eine Wettbewerbsverfälschung vorliegen.
Die derzeit nicht befriedigende Regelung hat die eidgenössischen Räte dazu bewegt, eine Ergänzung des Korruptionsstrafrechts zu verabschieden.
Ausblick auf die neue Regelung
Ab 1. Juli 2016 ist die Privatbestechung als Straftatbestand im Schweizerischen Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. Das bisherige Erfordernis des Vorliegens einer Verfälschung des Wettbewerbes fällt weg. Neu handelt es sich auch um ein Offizialdelikt, womit eine Strafverfolgung von Amtes wegen möglich ist. Die Strafverfolgungsbehörden haben deshalb zukünftig bei Verdacht auf eine Bestechungshandlung von Amtes wegen ein Strafverfahren einzuleiten.
Gemäss dem neuen Art. 322octies StGB macht sich strafbar, wer einem Arbeitnehmer, einem Gesellschafter, einem Beauftragten oder einer anderen Hilfsperson eines Dritten im privaten Sektor im Zusammenhang mit dessen dienstlicher oder geschäftlicher Tätigkeit für eine pflichtwidrige oder eine im Ermessen stehende Handlung oder Unterlassung zu dessen Gunsten oder zu Gunsten eines Dritten einen nicht gebührenden Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt (aktive Bestechung). Gleichermassen strafbar ist, wer in derselben Rolle einen nicht gebührenden Vorteil für eine pflichtwidrige oder eine im Ermessen stehende Handlung oder Unterlassung fordert, sich versprechen lässt oder annimmt (passive Bestechung; Art. 322novies StGB).
Entsprechende Vorgänge ausserhalb dienstlicher oder geschäftlicher Tätigkeit und folglich im ehrenamtlichen Umfeld, bleiben damit auch zukünftig straflos.
Das Parlament hat sich im Verlaufe der Debatte für eine Ausnahme zur Regel entschieden und festgelegt, dass bei Vorliegen eines leichten Falles zwingend trotzdem ein Strafantrag erforderlich ist. Ein leichter Fall liegt vor, wenn die Deliktsumme höchstens wenige tausend Franken beträgt, wenn die Sicherheit und Gesundheit Dritter durch die Tat nicht betroffen ist, wenn keine mehrfache, wiederholte oder bandenmässige Tatbegehung vorliegt und wenn die Bestechung in keinem Zusammenhang mit einem Urkundendelikt begangen worden ist. Diese Unterscheidung dürfte in der Praxis zu Problemen führen, so dass folglich noch bis zum Vorliegen eines höchstrichterlichen Entscheides offen oder zumindest teilweise unklar bleibt, wo genau die Grenze gezogen werden muss.
Im Übrigen stellen auch geringfügige und sozial übliche Vorteile keine Privatbestechung dar. Was aber als übliche Vorteile gilt, ist dem zeitlichen Wandel und der Usanz in der Branche unterworfen und muss jeweils für den Einzelfall definiert werden. Während rein monetäre Geschenke in der Regel nicht unter das sozial Übliche fallen, dürften kleinere Präsente wie etwa eine Einladung zum Essen, eine Flasche Wein oder kleinere Weihnachtsgeschenke keine Probleme darstellen. Ebenfalls keine Privatbestechung liegt vor, wenn die Annahme von Vorteilen vertraglich (auch mündlich gültig) geregelt wird und damit zulässig ist.
Was sollten Unternehmer vorkehren?
Sofern bei einer Privatbestechung der Täter aufgrund mangelnder Organisation in einem Unternehmen nicht eruiert werden kann, besteht gemäss Art. 102 StGB die Möglichkeit, das Unternehmen selbst zu bestrafen. Bei aktiver Privatbestechung muss das Unternehmen sogar mit einer Bestrafung zusätzlich zum Täter rechnen. Grundsätzlich ist es deshalb für alle Unternehmen angezeigt, die notwendigen organisatorischen Vorkehren zur Verhinderung von Bestechungen innerhalb ihres Unternehmens zu treffen. Dazu gehören insbesondere:
- verbindliche Verhaltensvorgaben für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter;
- Festlegen klarer Zuständigkeiten;
- Pflicht zur Dokumentation und Aufbewahrung;
- Protokollierung von Sitzungen bzw. Besprechungen in diesem Bereich, namentlich auch des obersten Entscheidgremiums;
- sowie Schaffung eines geeigneten Kontrollsystems auf allen Ebenen.
Was konkret vorgekehrt werden muss, ist selbstverständlich einzelfallabhängig und in Übereinstimmung mit den Parametern des Unternehmens wie namentlich Grösse, Tätigkeitsfeld, Branche und Marktumfeld festzulegen.
Raphael Pironato
lic. iur. HSG, Rechtsanwalt, Fachanwalt SAV Arbeitsrecht
raphael.pironato@ raggenbass.com