Die EU-Erbrechtsverordnung (ErbVO)

Auswirkungen auf die Nachlassplanung aus schweizerischer Sicht

Auf den Ihnen ausgeteilten Blättern sind verschiedene Sachverhalte wiedergegeben, welche alle sowohl einen Bezug zur Schweiz als auch einen Bezug zur EU haben. Bei allen Sachverhalten geht es hier und heute nur um die Frage, welches Land für die Nachlassabwicklung zuständig ist und welches Recht für die Nachlassteilung angewendet werden muss. Am Schluss meines Vortrages suchen wir dann gemeinsam nach den Antworten auf diese Fragen.

Aber ist es denn überhaupt wichtig, welcher Staat für die Abwicklung eines Nachlasses zuständig ist?

Meines Erachtens kann dies sogar extrem wichtig sein:

  • Sei dies, weil Amtsstellen in einigen Ländern schnell, in anderen langsam arbeiten: Z.B. in Italien kann es mehrere Jahre dauern, bis eine Liegenschaft im Grundbuch von einer Erbengemeinschaft auf einen Erben umgeschrieben ist und in Italien empfiehlt es sich auch, für eine Grundbuchtransaktion einen Anwalt beizuziehen, wogegen eine entsprechende Transaktion in der Schweiz regelmässig ohne Beizug von Anwälten und innert weniger Tagen erledigt wird.
  • Sei dies aber auch, weil in einigen Ländern der für eine Amtshandlung zu bezahlende Preis extrem hoch, in anderen Ländern extrem viel tiefer ist: So wird z.B. der Preis für eine Erbenbescheinigungen in Deutschland abhängig von der Höhe des Nachlasses bestimmt, was bei einem grossen Nachlassvermögen dazu führen kann, dass eine Erbenbescheinigung deutlich über EUR 10´000 kostet; demgegenüber kostet eine Erbenbescheinigung in der Schweiz unabhängig vom Wert des Nachlasses je nach Kanton zwischen CHF 20 und CHF 100.
  • Sei dies aber auch, weil ein ausländischer Erblasser, der in der Schweiz lebt häufig kein Interesse daran hat, dass sein Heimatstaat im Detail Auskunft über den Umfang seines Nachlasses erhält. Ist der ausländische Heimatstaat aber für die Erbteilung zuständig, so erlangt er auf diesem Wege detaillierteste Auskünfte, welche jener Staat zu Lebzeiten des Erblassers nie erhalten hätte.
  • Sei dies aber auch, weil ein schweizerischer Erblasser verhindern möchte, dass sein Nachlass – unter anderem aus den besagten Gründen - von ausländischen Behörden abgewickelt wird.
  • Sei dies aber auch, weil es für die Umsetzung des letzten Willens matchentscheidend sein kann, ob auf einen Nachlass beispielsweise schweizerisches oder ausländisches Erbrecht angewendet werden muss.

Und für die Beantwortung der Frage, welcher Staat für die Beurteilung eines Nachlasses d.h. für Erbteilungsklagen, aber auch ganz grundsätzlich für die strittige Auseinandersetzung der Erben zuständig ist, ist neu auch die Europäische Erbrechtsverordnung mitentscheidend. Nachfolgend wird wenn die Europäische Erbrechtsverordnung gemeint ist, nur noch von „Verordnung“ die Rede sein.

1. Einleitung

Die Europäische Union (EU) hat die Verordnung verabschiedet; sie tritt am 17. August 2015 in Kraft. Aber schon heute sollten die Möglichkeiten, welche uns diese Verordnung bietet in Verfügungen von Todes wegen berücksichtigt werden.  Aber warum ist denn eine Europäische Verordnung für uns als Schweizer Anwälte von Bedeutung?

  • Weil die Verordnung grundsätzlich auf alle Bürger der EU-Mitgliedsstaaten angewendet werden kann, auch wenn diese in der Schweiz leben.
  • Weil die Verordnung auch auf Schweizer angewendet werden kann, die sich länger als 6 Monate pro Jahr in einem EU-Mitgliedstaat aufhalten.
  • Anwendbar ist die Verordnung aber auch auf Schweizer, die in einem EU-Mitgliedstaat Vermögenswerte - und damit sind nicht nur Liegenschaften, sondern auch Bankkonten und ähnliches gemeint - besitzen.

Um es aber vorweg zu nehmen: Die Verordnung hat weder einen unmittelbaren Einfluss auf das materielle Erbrecht, noch auf das Ehe-Güterrecht, obwohl bekanntlich das Güterrecht einen sehr engen Zusammenhang mit dem Erbrecht hat. In der Verordnung werden jedoch die Regeln des anwendbaren Rechts und die Anerkennung von ausländischen öffentlichen Urkunden und Entscheiden in Erbsachen vereinheitlicht. Die Verordnung enthält einheitliche Kollisionsregeln, nicht aber einheitliches Erbrecht. Sie soll verhindern, dass es zu Nachlassspaltungen kommt. Die Verordnung soll zum Gleichlauf von Gerichts- bzw. Behördenzuständigkeit und anwendbarem Recht führen. Die in der Verordnung festgehaltenen Grundsätze unterscheiden sich nicht wesentlich vom Schweizerischen IPRG:

  • 1. Grundsatz: Einheit des anwendbaren Erbrechts für alle beweglichen und unbeweglichen Vermögenswerte, wo auch immer sie sich befinden.
  • 2. Grundsatz: Anknüpfung an das Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes des Erblassers (es handelt sich hierbei um ein Kriterium ähnlich dem "letzten Wohnsitz des Erblassers" gemäss schweizerischem Recht).
  • 3. Grundsatz: Möglichkeit, das anwendbare Erbrecht zu wählen (sog. professio juris): Der Erblasser kann das Recht eines seiner Heimatstaaten wählen.

Die Verordnung bringt übrigens auch Neuerungen, so bspw. die Schaffung eines europäischen Nachlasszeugnisses, eine Art öffentlicher Erbenschein. Dieses Zeugnis wird unter anderem als Beleg für die Qualität der Erben und der Vermächtnisnehmer oder des Willensvollstreckers von allen Mitgliedstaaten anerkannt. Das europäische Nachlasszeugnis steht jedoch subsidiär zu entsprechenden Dokumenten des jeweiligen nationalen Rechts.

Gestützt auf die Verordnung wird damit wohl die Planung und EU-weite Gesamtabwicklung internationaler Erbfälle vereinfacht. Die Ermittlung des anwendbaren Rechts für mobile Bürger im EU-Raum kann jedoch aufwendige Erhebungen notwendig machen. Schliesslich besteht gegenüber Drittstaaten – wie die Schweiz einer ist -  die Gefahr der Nachlassspaltung, sofern Vermögenswerte in einem Mitgliedstaat liegen oder das Recht eines Drittstaates gewählt wird. Dies erfordert eine hohe Anforderung an die Rechtswahlberatung.

Es empfiehlt sich daher, die Grundsätze der Verordnung nicht nur bei unserer künftigen Arbeit zu berücksichtigen, sondern auch alle von uns bisher verfassten letztwillige Verfügungen bzw. Erbverträge, auf welche die Verordnung u.U. Anwendung finden könnte zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.

2. Anwendungsbereich

2.1 Zeitlicher Anwendungsbereich

Die Verordnung ist auf Todesfälle anwendbar, welche nach dem 17. August 2015 eintreten. Die Verordnung gilt also nicht für Todesfälle vor diesem Datum und dies auch dann nicht, wenn sie erst später abgewickelt werden. Auf diese Nachlässe findet also auch nach dem 17. August 2015 das nationale IPRG und IZPR Anwendung. 

2.2 Räumlicher Anwendungsbereich

Die Verordnung ist für die Gerichte und Behörden aller EU-Staaten mit Ausnahme von Dänemark, Irland und Grossbritannien verbindlich. Nachfolgend werden diese Staaten als „Mitgliedstaaten“ bezeichnet. Die Regeln der Verordnung gelten aber auch im Verhältnis zu Drittstaaten (wie die Schweiz). In den Beziehungen mit Drittstaaten ist aber zu berücksichtigen, dass die Rechtsordnungen derjenigen Länder, welche die Verordnung nicht ratifiziert haben, weiterhin gelten.

2.3 Persönlicher Anwendungsbereich und damit zur Bedeutung der Verordnung für die Nachlassplanung in der Schweiz

2.3.1 Im Allgemeinen

Die Verordnung kommt auf den Nachlass schweizerischer oder ausländischer Staatsangehöriger zur Anwendung, die im Zeitpunkt des Todes in einem Mitgliedstaat ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten. Ein Mitgliedstaat ist aber auch dann für den ganzen Nachlass zuständig, wenn sich in jenem Mitgliedstaat Vermögenswerte einer in der Schweiz wohnhaften Person befinden, sofern diese Person entweder die Staatsangehörigkeit jenes Mitgliedstaates hat oder in den fünf Jahren vor seinem Tod in jenem Mitgliedstaat seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (Art. 10 der Verordnung).

Mit anderen Worten: Immer wenn unser Klient Angehöriger eines Mitgliedstaates ist oder wenn unser Klient zwar nicht Angehöriger eines Mitgliedstaates ist aber in den letzten 5 Jahren in einem Mitgliedstaat seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte oder haben wird oder wenn unser Klient Vermögen in einem Mitgliedstaat hat oder haben wird, müssen wir bei der Nachlassplanung unbedingt die Verordnung beachten.

2.3.2 Der gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers im Zeitpunkt des Todes im Besonderen: ordentliche Zuständigkeit

Gemäss Art. 4 der Verordnung gilt: Für Entscheidungen in Erbsachen sind für den gesamten Nachlass die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dessen Hoheitsgebiet der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Dies ist eine wesentliche Neuerung, denn bisher bestimmten die Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeit und das auf den Nachlass anzuwendende Recht anhand der Kriterien des Wohnsitzes, des Ortes der gelegenen Sache oder der Staatsangehörigkeit.

Und was ist unter dem Begriff „gewöhnlicher Aufenthalt“ zu verstehen? Gemäss Begründung 23, welche dem amtlichen Verordnungstext vorangestellt ist, was folgt (ich zitiere.): „Bei der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts sollte die mit der Erbsache befasste Behörde eine Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Erblassers in den Jahren vor seinem Tod und im Zeitpunkt seines Todes vornehmen und dabei alle relevanten Tatsachen berücksichtigen, insbesondere die Dauer und die Regelmäßigkeit des Aufenthalts des Erblassers in dem betreffenden Staat sowie die damit zusammenhängenden Umstände und Gründe. Der so bestimmte gewöhnliche Aufenthalt sollte unter Berücksichtigung der spezifischen Ziele dieser Verordnung eine besonders enge und feste Bindung zu dem betreffenden Staat erkennen lassen.

Gemäss Begründung 24 ist dem Merkmal der engen und festen Bindung ein höheres Gewicht beizumessen als der Dauer des Aufenthaltes. Wenn also bspw. ein Schweizer Staatsangehöriger während Jahren in Italien arbeitet, aber dort nur unter der Woche in einer kleinen Wohnung wohnt, von Freitagabend bis Montagmorgen dann jedoch bei seiner Familie in einem Haus im Tessin lebt und dort sich auch sein gesamtes soziales Leben abspielt, wäre sein gewöhnlicher Aufenthalt wohl in der Schweiz und nicht in Italien, mit der Konsequenz, dass auf seinen Nachlass die Verordnung keine Anwendung fände. Für die Beurteilung werden im Wesentlichen die Lebensverhältnisse des Erblassers in den letzten Jahren vor seinem Tod berücksichtigt.

Für die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts kann aber bei strittigen Konstellationen neben der zeitlichen Komponente des Aufenthalts und den menschlichen Bindungen auch die Staatsangehörigkeit oder der Ort, an dem sich das Vermögen eines Menschen befindet ausschlaggebend sein. Ein Wille der betroffenen Person, einen „gewöhnlichen Aufenthalt“ zu begründen ist jedoch nicht notwendig. In strittigen Fällen muss eine Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Erblassers während der letzten 3 Jahre vor seinem Tod vorgenommen werden.

Bei der Beurteilung des gewöhnlichen Aufenthalts, stellt die Verordnung also eine vergangenheitsbezogene Betrachtung an; dies im Unterschied zum IPRG, welches eine zukunftsbezogene Beurteilung vornimmt.

Bedeutet dies nun für einen deutschen Staatsangehörigen, der vor seinem Tod seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hatte, dass auch die Schweiz für die Teilung seines Nachlasses zuständig ist? Nicht zwingend. Denn, die Schweiz ist kein Mitgliedstaat und die Verordnung sieht in Art. 10 noch eine subsidiäre Zuständigkeit vor.

2.4 Eventual oder subsidiäre Zuständigkeit

1. Hatte der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt seines Todes nicht in einem Mitgliedstaat, so sind die Gerichte eines Mitgliedstaats, in dem sich Nachlassvermögen befindet, für Entscheidungen in Erbsachen für den gesamten Nachlass zuständig, wenn 

a) der Erblasser die Staatsangehörigkeit dieses Mitgliedstaats im Zeitpunkt seines Todes besass, oder, wenn dies nicht der Fall ist,

b) der Erblasser seinen vorhergehenden gewöhnlichen Aufenthalt in dem betreffenden Mitgliedstaat hatte, sofern die Änderung dieses gewöhnlichen Aufenthalts zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts nicht länger als fünf Jahre zurückliegt. 

2. Ist kein Gericht in einem Mitgliedstaat nach Absatz 1 zuständig, so sind dennoch die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem sich Nachlassvermögen befindet, für Entscheidungen über dieses Nachlassvermögen zuständig.

Und was heisst dies nun für den erwähnten deutschen Staatsangehörigen, der in den Jahren vor seinem Tod seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hatte?

Entscheidend ist bei dieser Konstellation, ob sich in einem Mitgliedstaat beim Tod dieser Person noch Vermögenswerte dieser Person befanden. Trifft dies zu, so ist jener Mitgliedstaat für den gesamten Nachlass zuständig, wenn der Erblasser die Staatsangehörigkeit jenes Staates besass. Besitzt also in unserem Beispiel die fragliche Person in Deutschland noch eine Liegenschaft, so sind für die Abwicklung ihres ganzen Nachlasses Deutsche Behörden zuständig, obwohl diese Person schon seit Jahren nicht mehr in Deutschland lebt. Und um es vorweg zu nehmen: Dies gilt auch bei Doppelbürgern, d.h. wenn die fragliche Person die schweizerische und die deutsche Staatsbürgerschaft hatte. Schon ein in Deutschland verbliebendes Bankkonto kann also bewirken, dass ein Nachlass eines deutschen Staatsangehörigen, welcher seit Jahren in der Schweiz lebt, dereinst von Deutschen Behörden abgewickelt wird. 

Nicht ganz so gravierende Auswirkungen hat Art. 10 Abs. 2 der Verordnung: Lebt bspw. ein deutscher Staatsangehöriger seit 10 Jahren in der Schweiz und besitzt er in Deutschland keine Vermögenswerte mehr, aber in Spanien noch ein Ferienhaus, so wird sein Nachlass von schweizerischen Behörden abgewickelt, ausser für das Ferienhaus in Spanien sind die spanischen Behörden zuständig. In diesem Fall kommt es dann zu einer Nachlassspaltung.

Zu beachten ist, dass es sich beim zuständigkeitsbegründenden Nachlassvermögen nicht nur um Liegenschaften, sondern auch um bewegliches Vermögen handeln kann. Einigkeit besteht, dass Bankkonti, Hausrat, Kunstsammlungen etc. an dem Ort zuständigkeitsbegründend sind, an dem sie sich befinden. In der Lehre offen ist jedoch noch die Frage, ob Anteile an Kapitalgesellschaften dort zuständigkeitsbegründend sind, wo sich die Aktien befinden oder dort wo sich der Verwaltungssitz der Kapitalgesellschaft befindet. Träfe letzteres zu, hätte dies auf den in der Schweiz lebenden deutschen Staatsangehörigen in unserem Beispiel folgende Konsequenzen: Befinden sich in seinem Nachlass in einem Bankdepot bei einer schweizerischen Bank Aktien einer deutschen Kapitalgesellschaft, so wären für die Behandlung seines ganzen weltweiten Nachlasses deutsche Behörden zuständig.

Dieses Vorgehen der EU mag abstrus klingen, aber so befremdlich, wie dies tönt ist es gar nicht. So begründet bspw. aus Sicht der Amerikanischen Steuerbehörden seit einiger Zeit der Besitz amerikanischer Aktien grundsätzlich eine Steuerpflicht in Amerika: Auch die Amerikanischen Behörden entscheiden also abhängig davon, ob jemand Aktien besitzt, bei denen der Gesellschaftssitz in Amerika ist, ob Amerikanisches Steuerrecht zur Anwendung kommt. Und das gleiche macht nun die EU im Erbrecht. Und um eine unerwünschte EU-Zuständigkeit im Erbrecht zu vermeiden, wird man wohl vorsichtshalber künftig diesbezüglich gleich agieren, wie man seit einiger Zeit agiert, um der Zuständigkeit der US Steuerbehörden zu umgehen, nämlich: Man kauft „kritische“ Aktien über einen in der Schweiz domizilierten Fond.

Art. 10 der Verordnung kommt also eine immense Bedeutung zu!

Daran ändert nichts, dass nun in der Lehre darüber diskutiert wird, dass nur Nachlasswerte „von einigem gewissen Gewicht“ zuständigkeitsbegründend wirken sollen. Klarheit herrscht bis zu einem Urteil des EuGH nicht. Bis dahin muss bei der Nachlassplanung also den tatsächlichen Verhältnissen grösste Aufmerksamkeit geschenkt werden. Es empfiehlt sich, bis der EuGH abschliessende Klarheit geschaffen hat im Zweifelsfalle und soweit praktikabel Vermögenswerte nur in dem Land zu halten, das dereinst auch für die Nachlassteilung zuständig sein soll. Oder mit anderen Worten: Wer z.B. in der Schweiz lebt und in Deutschland noch ein Wertschriftendepot hat, sollte sich gut überlegen, ob es nicht besser wäre, dieses in die Schweiz zu transferieren. Dies gilt für Schweizer, aber noch viel mehr für Deutsche, denn: Stirbt der Schweizer mit Depot in Deutschland, so ist Deutschland nur betreffend dieses Depots für die Nachlassteilung zuständig. Stirbt jedoch der Deutsche mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz mit einem Depot in Deutschland, so läuft er Gefahr, dass Deutschland sich für die gesamte Nachlassteilung für zuständig erklärt.

Es gibt also auf Grund der Verordnung extrem viele Konstellationen, bei denen für die Teilung des Nachlasses von Schweizer Bürgern, aber auch auf die Teilung des Nachlasses von Bürgern eines Mitgliedstaates, welche in der Schweiz leben ganz oder teilweise EU Staaten zuständig sind. Dies kann wie eingangs erwähnt aus den verschiedensten Gründen unerwünscht sein. Es stellt sich daher die Frage, ob der Erblasser oder die Erben letztwillig bzw. vertraglich von den Regeln der Verordnung abweichende Zuständigkeiten begründen können.

3. Gestaltungsmöglichkeiten

3.1 Gestaltungsmöglichkeiten mit letztwilligen Verfügungen / Verträgen

Gemäss Art. 22 Abs. 1 der Verordnung kann eine Person „für die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht des Staates wählen, dem sie im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt ihres Todes angehört.“ Die Verordnung lässt also eine Rechtswahl zugunsten des Heimatrechts zu. Mit anderen Worten: Gewählt werden kann nur das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser hat. Wird eine entsprechende Rechtswahl getroffen, kann dies dazu führen, dass die Gerichte am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Erblassers den Nachlass des Erblassers gestützt auf das Heimatrecht des Erblassers teilen müssen, dass also bspw. ein deutsches Gericht einen Nachlass gestützt auf italienisches Recht teilen muss.

Um das Auseinanderfallen von ius und forum zu verhindern, sieht Art. 5 der Verordnung die Möglichkeit vor, in gewissen Fällen abweichende Zuständigkeiten zu begründen. Gemäss Art. 5 Abs. 1 der Verordnung gilt: „Ist das vom Erblasser nach Artikel 22 zur Anwendung auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen gewählte Recht das Recht eines Mitgliedstaats, so können die betroffenen Parteien vereinbaren, dass für Entscheidungen in Erbsachen ausschließlich ein Gericht oder die Gerichte dieses Mitgliedstaats zuständig sein sollen.

Mit einer Gerichtsstandsvereinbarung (Prorogation) kann also erreicht werden, dass auf den Nachlass eines Bürgers eines Mitgliedstaates – egal, wo er sich aufhält oder wo sich sein Vermögen befindet – die Gerichte seines Heimatstaates zuständig sind und dabei auch sein Heimatrecht anwenden müssen. Art. 5 der Verordnung spricht davon, dass die „betroffenen Parteien“ eine Gerichtsstandsvereinbarung abschliessen können. Mit „die betroffenen Parteien“ sind unter anderem die Erben, aber auch die Vermächtnisnehmer gemeint.

Ist bereits bei der Abfassung einer letztwilligen Verfügung absehbar, dass dereinst strittig ist, in welchem Staat der Erblasser seinen „gewöhnlichen Aufenthalt“ hatte, empfiehlt es sich, bereits in der letztwilligen Verfügung festzuhalten, warum der Erblasser davon ausgeht, dass sein „gewöhnlicher Aufenthalt“ im Staat A und nicht im Staat B ist. Dabei soll nicht nur der Vergangenheit und Gegenwart, sondern auch der Zukunft Beachtung geschenkt werden (geplante künftige Lebensumstände).

Für uns als Anwälte vereinfacht sich die Situation bei der Ausarbeitung von letztwilligen Verfügungen künftig: Hat man früher bei Personen mit Bezug zur EU für jeden einzelnen EU-Staat, zu dem die Person einen Bezug hatte, das Recht dieser einzelnen Staaten bei der Ausarbeitung der letztwilligen Verfügung berücksichtigen müssen, müssen wir neu nur noch ein Regelwerk, nämlich die Verordnung berücksichtigen.

Beruhigend für uns Anwälte ist auch, dass eine früher rechtsgültig getroffene Rechtswahl, auch nach dem 17. August 2015 gültig bleibt.

3.2 Gestaltungsmöglichkeiten durch Veränderung der tatsächlichen Gegebenheiten

In letztwilligen Verfügungen kann man zwar eine Rechtswahl treffen. Aber diese läuft häufig ins Leere: So kann ein Erblasser mit Wohnsitz in der Schweiz in seinem Erbvertrag zwar bestimmen, dass auf seinen Nachlass dereinst schweizerisches Recht anwendbar sein soll und der Nachlass vor schweizerischen Gerichten geteilt werden soll. Aber diese Anordnung nützt z.B. dann nichts, wenn sich in seinem Nachlass eine in Frankreich gelegene Liegenschaft befindet. Denn Frankreich kennt bekanntlich die ausschliessliche Zuständigkeit französischer Gerichte für in Frankreich gelegene Liegenschaften des Erblassers.

Hier hilft nur, die tatsächlichen Verhältnisse zu verändern, z.B. durch lebzeitige Übertragung der Liegenschaft an Erben, durch einen Verkauf der Liegenschaft an Dritte oder ev. durch Einbringung der Liegenschaft in eine juristische Person (Trust).

Doppelbürger haben ferner die Möglichkeit durch Aufgabe der einen oder anderen Staatsbürgerschaft zu steuern, welcher Staat dereinst für die Teilung ihres Nachlasses zuständig ist.

3.3 Gestaltungsmöglichkeiten durch Forum running

Es sind Konstellationen denkbar, bei denen für die Frage, welche Gerichte zuständig sind, entscheidend ist, wer zuerst wo das Gericht anruft.

Hat z.B. ein deutscher Erblasser sechs Monate vor seinem Tod seinen Wohnsitz – mit dem Ziel des dauerhaften Verbleibs - in die Schweiz verlegt, so können Erben nach dem schweizerischen IPRG eine Erbteilungsklage vor Schweizer Gerichten anhängig machen, denn:  Gemäss Art. 86 des schweizerischen IPRG sind „für das Nachlassverfahren und die erbrechtlichen Streitigkeiten (…) die schweizerischen Gerichte oder Behörden am letzten Wohnsitz des Erblassers zuständig.“ Erben, die daran interessiert sind, dass der Nachlass von deutschen Gerichten beurteilt wird, könnten jedoch – wenn sie schneller sind – in Deutschland eine Erbteilungsklage anhängig machen, denn die Verordnung wendet – wie wir heute gehört haben - eine vergangenheitsbezogene Sicht an und in den Jahren vor seinem Wegzug hatte der Erblasser seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland. Folglich würden sich wohl auch deutsche Behörden als für die Nachlassteilung zuständig betrachten.

4. Vorbehalt bilateraler Staatsverträge

Bestehende internationale Übereinkommen haben Vorrang vor den Regeln der Verordnung. Dies gilt auch für die Schweiz, weshalb bspw. die Staatsverträge, welche die Schweiz mit Italien, Österreich, Portugal oder Griechenland abgeschlossen hat auch künftig gelten.

5. Schlussbemerkungen

Die Handhabung erbrechtlicher Sachverhalte zwischen der Schweiz und der EU wird künftig wohl einfacher werden, weil künftig die Schweiz und die EU das praktisch gleiche Kriterium verwenden, um zu klären, welcher Staat für die Behandlung eines Nachlasses zuständig ist (CH: Letzter Wohnsitz, EU: Gewöhnlicher Aufenthalt). Aber leider ist es eben nicht das genau gleiche, sondern nur fast das gleiche Kriterium, was dazu führt, dass unser Arbeitsalltag doch nicht langweilig werden wird.

Erschwert wird die Situation jedoch wieder durch die subsidiären Zuständigkeitsregeln gemäss Art. 10 der Verordnung.

Ändern werden sich die Fragen, die wir künftig unsere Klienten bei der Nachlassplanung stellen müssen: Neu müssen wir unsere Klienten nicht nur nach ihrer Staatsangehörigkeit und ihrem Wohnsitz fragen, sondern auch danach wo sich ihr früherer, derzeitiger und geplanter gewöhnlicher Aufenthalt und wo sich ihr Vermögen befindet.

Eine interessante und relevante Frage, auf die hier jedoch nicht näher eingegangen wird, ist die Frage, was der Ordre Puplic-Vorbehalt gemäss Art. 35 der Verordnung für die Schweiz für Konsequenzen hat: Der Ordre Puplic-Vorbehalt besagt, dass ein Richter eines Mitgliedstaates fremdem Recht – und damit unter anderem auch dem schweizerischen Erbrecht – die Anwendung versagen darf, wenn die Anwendung des fremden Rechts mit der öffentlichen Ordnung des anwendenden Staates offensichtlich nicht vereinbar ist. In diesem Kontext wurde nun in der Lehre schon die Frage aufgeworfen, ob unser Pflichtteilsrecht in gewissen Mitgliedstaaten gegen den dortigen Ordre Public verstossen könnte. Und ich stelle mir in diesem Zusammenhang die Frage, ob bspw. die in Holland vom Gesetz vorgesehene passive Vererblichkeit von Unterhaltspflichten in Holland so selbstverständlich ist, dass Holländische Gerichte, wenn sie gemäss Verordnung verpflichtet sind, einen Nachlass gestützt auf schweizerisches Recht zu teilen, bei der Teilung gestützt auf Art. 35 der Verordnung nacheheliche Unterhaltsansprüche einer Holländischen Witwe als Nachlassschuld berücksichtigen.

Beispiele

Gruppe A: EU-Bürger mit Bezug zur Schweiz

Beispiel 1: Frau A ist Deutsche, arbeitet in der Schweiz und wohnt hier unter der Woche in einem möblierten Zimmer, fährt aber jedes Wochenende zu ihrer Familie nach Deutschland, wo sich auch ihr ganzes soziales Leben abspielt.

Für den Nachlass von Frau A ist sowohl gemäss Verordnung (Art. 4), wie auch e contrario gemäss schweizerischem IPRG (Art. 86 und Art. 88) Deutschland zuständig und die deutschen Behörden werden den Nachlass von Frau A nach deutschem Recht abwickeln.

Beispiel 2: Frau A ist Deutsche und studiert in München Medizin. An der Universität Zürich absolviert sie 2 Auslandsemester, dies mit dem klar geäusserten Ziel, nach dem Zwischenjahr nach München zurückzukehren. In Zürich ist Frau A als Wochenaufenthalterin gemeldet.

Für den Nachlass von Frau A ist sowohl gemäss Verordnung (Art. 4), wie auch e contrario gemäss schweizerischem IPRG (Art. 86 und Art. 88) Deutschland zuständig und die deutschen Behörden werden den Nachlass von Frau A nach deutschem Recht abwickeln.

Beispiel 3: Beim gleichen Sachverhalt wie beim Beispiel 2 verliebt sich Frau A in einen Zürcher, bricht den Kontakt zu ihren Freunden und ihrer Familie in Deutschland weitestgehend ab, kauft mit ihrem Freund in Zürich eine Wohnung und stirbt 3 Monate, nachdem sie München verlassen hat. Frau A besitzt in Deutschland kein Vermögen.

Für den Nachlass von Frau A ist gemäss schweizerischem IPRG (Art. 86) die Schweiz zuständig und die schweizerischen Behörden werden den Nachlass von Frau A nach schweizerischem Recht abwickeln, dies da Frau A ihren letzten Wohnsitz in der Schweiz hatte (Art. 90 Abs. 1). Gestützt auf die Verordnung ist aber denkbar, dass Frau A aus Sicht von Deutschen Behörden ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte, weshalb sich Deutschland auch für die Nachlassteilung als zuständig erachten könnte. So könnte es unter Umständen zwischen der Schweiz und Deutschland zu einem Kompetenzkonflikt kommen (die Verordnung stellt auf die Vergangenheit, unser IPRG auf die Gegenwart und die Zukunft ab): Beide Staaten betrachten sich bei einem Kompetenzkonflikt als zuständig und teilen den Nachlass in Anwendung ihres materiellen Erbrechts. Die Schweiz würde wohl das Deutsche Urteil gestützt auf Art. 25 i.V.m. Art. 26 IPRG nicht anerkennen und Deutschland würde wohl das schweizerische Urteil nicht anerkennen. Die Erben klagen daher sinnvollerweise in dem Staat, in dem sich das Nachlassvermögen befindet, indem dann das Urteil auch vollstreckt werden muss und damit in unserem Beispiel in der Schweiz.

Beispiel 4: Herr A ist deutscher Staatsangehöriger, lebte bis vor 7 Jahren immer in Deutschland, lebt jedoch seitdem ohne Unterbruch in der Schweiz und verfügt in Deutschland über kein Vermögen mehr. Er hat die Absicht seinen Lebensabend in der Schweiz zu verbringen, weshalb sich in der Schweiz auch praktisch sein gesamtes soziales Leben abspielt.

Für den Nachlass von Herrn A ist die Schweiz zuständig (Art. 86 IPRG) und die schweizerischen Behörden werden den Nachlass von Herrn A nach schweizerischem Recht abwickeln (Art. 90 IPRG).

Beispiel 5: Wie Beispiel 4, aber Herr A besitzt in Deutschland noch ein Ferienhaus, in dem er sich pro Jahr 1 Monat aufhält.

Nach Art. 10 Abs. 1 lit. a der Verordnung sind deutsche Behörden für den Gesamtnachlass von Herrn A zuständig. Die deutschen Behörden würden auf den Nachlass von Herrn A jedoch wohl schweizerisches Recht anwenden (Art. 21 Abs. 1 Verordnung).

Beispiel 6: Wie Beispiel 4, aber das Ferienhaus von Herrn A befindet sich nicht in Deutschland, sondern in Spanien?

Bei diesem Sachverhalt wären spanische Behörden für die erbrechtliche Behandlung des Ferienhauses und schweizerische Behörden für die Behandlung des Restnachlasses zuständig. Dabei müssten die spanischen, wie auch die schweizerischen Behörden schweizerisches Recht anwenden (dies sowohl gemäss Art. 90 IPRG, als auch gemäss Art. 21 Abs. 1 der Verordnung).

Beispiel 7: Wie Beispiel 4, aber Herr A entschliesst sich nachdem er einige Jahre in der Schweiz gelebt hat dazu, die Wintermonate nicht mehr im nebligen Thurgau sondern im sonnigen Mallorca zu verbringen. Herr A wird also zu einem so genannten „Mallorca-Rentner“, der zwischen der Schweiz und Spanien hin und her pendelt.

Möglich ist, dass sowohl Spanien, als auch die Schweiz für den Gesamtnachlass zuständig ist. Die Beantwortung der Frage hängt im konkreten Fall unter anderem von der Dauer der Spanienaufenthalte, des Belegenheitsortes des Vermögens von Herrn A, dem geäusserten Willen von Herrn A, den Sprachkenntnissen von Herrn A etc. ab. Bei diesem Sachverhalt wäre es entscheidend, dass Herr A sich u.a. in seinem Testament klar und ausführlich zur Frage äussert, wo er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ferner müsste Herr A bei der räumlichen Positionierung seiner Vermögenswerte achtsam sein und sicherheitshalber auch dokumentieren, wie lange er sich wo aufgehalten hat.

Beispiel 8: Herr A ist deutscher Staatsangehöriger, hat seinen Wohnsitz aber 1990 in die Schweiz verlegt. Er stirbt 2016 in der Schweiz. Von 2012 bis 2014 lebte Herr A jedoch ununterbrochen in seiner Villa in der Toskana.

Hat Herr A die Villa bei der Rückkehr in die Schweiz nicht verkauft, sind für den gesamten Nachlass von Herrn A italienische Behörden zuständig. Dies da die Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts nicht länger als 5 Jahre zurückliegt (Art. 10 Abs. 1 lit. b Verordnung). Schweizer Behörden würden sich jedoch auch für zuständig erachten (siehe Beispiel A 3). Hätte Herr A seine Villa rechtzeitige verkauft bzw. in eine juristische Person mit Sitz in der Schweiz eingebracht, wären wohl nur Schweizerische Behörden für seinen Nachlass zuständig. 

Herr A hätte jedoch eine Rechtswahl zu Gunsten des deutschen Rechts treffen können (dies wäre übrigens selbstverständlich auch in den anderen Beispielen möglich gewesen). Eine Rechtswahl hätte zur Folge gehabt, dass seine Erben in einer Gerichtsstandsvereinbarung deutsche Gerichte für die Nachlassteilung hätten als zuständig bestimmen können und der  gesamte Nachlass von Herrn A alsdann von deutschen Behörden in Anwendung vom deutschen Recht geteilt werden müsste.

Gruppe B: Schweizer Bürger mit Bezug zur EU

Beispiel 1: Herr B ist Schweizer und lebt bis zu seinem Tod in seiner Villa in der Toskana.

Gemäss Art. 4 der Verordnung müssen sich die italienischen Behörden für die Nachlassteilung zuständig erklären, da Herr B seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Italien hatte. Die italienischen Behörden wenden auf den gesamten Nachlass gemäss Art. 21 Abs. 1 der Verordnung italienisches Recht an.

Beispiel 2: Herr B kehrt 4 Jahre vor seinem Tod in die Schweiz zurück, behält jedoch sene Villa in der Toskana.

Da die Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts nicht länger als 5 Jahre zurückliegt und Herr B in Italien noch Grundbesitz hat, sind für den gesamten Nachlass von Herrn B die italienischen Behörden zuständig. Will Herr B seine Villa nicht verkaufen, aber trotzdem verhindern, dass für seinen Nachlass dereinst italienische Behörden zuständig sind, könnte Herr B die Villa in eine juristische Person (z.B. in einen Trust) einbringen und u.U. so die Zuständigkeit der italienischen Behörden abwenden.

Beispiel 3: Herr B ist Schweizer. Er lebte im Winter 2014/15 für 8 Monate in der Finca eines Freundes in Spanien und unterhält seit dem in Spanien ein Bankkonto und ein Wertschriftendepot. Herr B verstirbt im Sommer 2015 in der Schweiz.

Gemäss Art. 10 der Verordnung besteht eine Gerichtszuständigkeit für den gesamten Nachlass in demjenigen Mitgliedstaat, indem der Erblasser Nachlassvermögen hinterlies, sofern er – auf fünf Jahre zurückgerechnet – vor seinem Tod in jenem Mitgliedstaat in dem sich Nachlassvermögen befindet einen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Somit ist u.U. Spanien für den gesamten Nachlass von Herrn B zuständig, sofern gestützt auf die gesamten Umstände davon auszugehen ist, dass Herr B im Winter 2014/15 in Spanien einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet hatte.

Hätte sich Herr B nicht solange in Spanien aufgehalten, wäre Spanien nur für die Teilung der Bankkonten und des Wertschriftendepots zuständig. Dies aufgrund der sogenannten Vermögenslagezuständigkeit gemäss Art. 10 der Verordnung.

Bei beiden Varianten müssten die spanischen Gerichte jedoch schweizerisches materielles Erbrecht anwenden.

Felix Müller

Felix Müller

Dr. iur., Rechtsanwalt, Mediator SAV, Collaborative Lawyer SVCL
Teamleiter