Publikation vom Juli 2018
Nachehelicher Unterhalt bei sehr guten finanziellen Verhältnissen
Im Zusammenhang mit dem nachehelichen Unterhalt gilt das "clean break"-Prinzip, d. h. nach der Scheidung soll jeder Ehegatte grundsätzlich für seinen eigenen Bedarf selbst aufkommen. Gemäss Art. 125 Abs. 1 ZGB besteht jedoch dann Anspruch auf nachehelichen Unterhalt, wenn es einem Ehegatten nicht zuzumuten ist, dass er für den ihm gebührenden Unterhalt unter Einschluss einer angemessenen Altersvorsorge selbst aufkommt.
Dies kommt zum Beispiel dann in Frage, wenn ein Ehegatte weiterhin Kinder zu betreuen hat oder ihm ein Wiedereinstieg ins Erwerbsleben nicht zuzumuten ist, weil er zu lange nicht mehr erwerbstätig war. Bei einer lebensprägenden Ehe ist als gebührender Unterhalt der in der Ehe zuletzt, bis zur Aufhebung des gemeinsamen Haushalts gelebte Standard massgeblich, auf dessen Fortführung bei genügenden Mitteln beide Ehegatten Anspruch haben. Als lebensprägend gilt eine Ehe, die länger als zehn Jahre gedauert hat oder aus der Kinder hervorgegangen sind.
Für die Bemessung der Unterhaltsbeiträge hat der Gesetzgeber keine bestimmte Berechnungsmethode vorgeschrieben. Die Gerichte verfügen daher über ein grosses Ermessen. In der Praxis haben sich zwei Methoden entwickelt: Die „einstufigkonkrete Methode" und die "zweistufige Methode" mit (erweiterter) Existenzminimumberechnung und Überschussvertei-lung. Gemäss Bundesgericht ist der Bedarf grundsätzlich konkret, d.h. anhand der tatsächlich getätigten Ausgaben zu ermitteln. Indessen hat das Bundesgericht präzisiert, dass die Methode der Existenzminimumberechnung mit Überschussverteilung jedenfalls dann zulässige Ergebnisse liefert, wenn die Ehegatten – gegebenenfalls trotz guter finanzieller Verhältnisse – nichts angespart haben oder aber die bisherige Sparquote durch die trennungsbedingten Mehrkosten aufgebraucht wird.
Für den nachehelichen Unterhalt gelten die Dispositions- und die Verhandlungsmaxime. Somit hat derjenige Ehegatte, der einen Unterhaltsanspruch geltend macht, seinen Bedarf zu behaupten und zu beweisen. Er muss somit - sofern der Unterhalt nach der einstufig-konkreten Methode berechnet wird - im Einzelnen beziffern und nachweisen, was zu dem in der Ehe zuletzt gemeinsam gelebten Standard gehörte (Wohnsituation, Lebensmittel, Restaurantbesuche, Hobbies, Ferien, Kleidung, Schmuck, Kosmetik, Haushaltshilfe, Fahrzeuge, Einrichtungen, kulturelle Veranstaltungen, Versicherungen etc.). Abgestellt wird dabei in der Regel auf das Jahr vor der Trennung. Eine absolute Unterhaltsgrenze gibt es nicht. War der Lebensstandard hoch, kommt es unter Umständen zu einem sehr aufwendigen Verfahren mit umfangreichen Belegen. Steht eine Trennung oder Scheidung an, lohnt es sich daher, bereits frühzeitig mit dem Sammeln der Belege (z.B. Rechnungen, Kreditkartenabrechnungen, Kontoauszüge) zu beginnen.
Bei der zweistufigen Methode muss der unterhaltsberechtigte Ehegatte hingegen lediglich das familienrechtliche Existenzminimum nachweisen und erhält einen Anteil vom Überschuss. Die Beweislast ist damit deutlich geringer und das Verfahren weniger aufwendig.
