Unternehmer und Scheidung - Eherecht für Unternehmer

Eherecht für Unternehmer

1. Das Eherecht im Allgemeinen

2. Das Güterrecht im Besonderen

2.1 Die Güterstände

2.2 Die güterrechtliche Auseinandersetzung

  •  Bilanzierung / Bewertung / Zuordnung
  • konjunktureller und industrieller Mehrwert

2.3 Der Ehevertrag

2.4 Die Ehegattengesellschaft

3. Finanzielle Risiken einer Scheidung

3.1 Risiken für den Unternehmer / Risiken für das Unternehmen

3.2 Möglichkeiten der Risikominimierung

  • Schutzmechanismen vor der Eheschliessung (Grenzen der Zulässigkeit der Regelung der Scheidungsfolgen)
  • Schutzmechanismen während der Dauer der Ehe (Möglichkeiten der legalen Beeinflussung der finanziellen Risiken durch unternehmerisches Handeln)
  • Schutzmechanismen während der Scheidung

LERNZIELE

Fast jeder Mensch heiratet in seinem Leben mindestens einmal. Meistens verbindet man die Eheschliessung primär, wenn nicht gar ausschliesslich, mit Emotionen. Wer bei der Eheschliessung wirtschaftliche Aspekte thematisiert, läuft Gefahr, als unromantisch abgestempelt zu werden. Das Ausserachtlassen wirtschaftlicher Überlegungen bei der Eheschliessung kann jedoch fatale Folgen haben, denn für praktisch alle Menschen ist die Eheschliessung dasjenige Rechtsgeschäft mit der grössten wirtschaftlichen Tragweite. Dies gilt für alle Mitmenschen, erst recht aber für unternehmerisch tätige Menschen!

Ziel des Vortrages ist es, für diese Risiken zu sensibilisieren und Wege aufzuzeigen, wie diese Risiken minimiert werden können. Der Schwerpunkt der nachfolgenden Ausführungen liegt daher bei den wirtschaftlichen Folgen einer Eheschliessung; das Eherecht im Allgemeinen wird nur am Rande thematisiert.

1. Das Eherecht im Allgemeinen

Das Eherecht ist im zweiten Teil des Zivilgesetzbuches (ZGB) geregelt. In den Art. 90 bis 110 ZGB ist unter dem dritten Titel geregelt, was die Bedingungen sind, damit eine Ehe gültig geschlossen werden kann und wann eine Eheschliessung ungültig ist. Die in den Art. 111 bis 158 enthaltenen Bestimmungen regeln, wie beim Scheitern einer Ehe, und damit bei einer Ehetrennung oder einer Ehescheidung, vorgegangen werden muss. Und in den Art. 159 bis 180 ZGB sind sodann die Wirkungen der Ehe im Allgemeinen behandelt. In diesen Bestimmungen regelt der Gesetzgeber unter anderem die Rechte und Pflichten der Ehepartner, wer nach der Eheschliessung welchen Namen tragen darf, wer nach der Eheschliessung wo Bürger wird, wer über die eheliche Wohnung verfügen kann, wie der Unterhalt der Familie bestritten werden muss, wer zur Vertretung der ehelichen Gemeinschaft ermächtigt ist, in welchem Umfang die Ehepartner auskunftspflichtig sind und wie aus juristischer Sicht bei Eheproblemen vorgegangen werden kann (In diesem Zusammenhang ist von „Eheschutzmassnahmen“ die Rede, wobei dieser Begriff irreführend ist, denn in aller Regel werden Eheschutzmassnahmen dann ergriffen, wenn es darum geht, die Ehe aufzulösen.). Und die Art. 181 bis 251 ZBG setzen sich sodann mit dem Güterrecht auseinander.

Nachfolgend wird detailliert auf die Themen „Ehescheidung und Ehetrennung“ und „Güterrecht“ eingegangen. Dies, da die praktische Relevanz dieser Themen extrem viel höher ist, als die praktische Relevanz der übrigen vorerwähnten Gebiete. Dies zeigt sich nur schon daran, dass es zu den Themen „Eheschliessung“ und „Wirkungen der Ehe im Allgemeinen“ extrem viel weniger Gerichtsentscheide gibt, als zu den Themen „Ehescheidung und Ehetrennung“ und „Güterrecht“. Unter anderem aus diesem Grunde beschränken sich die nachfolgenden Ausführungen auf das Güterrecht und die finanziellen Risiken einer Scheidung. Wer sich über die Voraussetzungen zur Eheschliessung oder über die Wirkungen der Ehe im Allgemeinen orientieren möchte, macht dies am besten durch Gesetzesstudium, denn das ZGB ist in diesen Bereichen klar und deutlich formuliert.

2. Das Güterrecht im Besonderen

2.1. Die Güterstände

2.1.1 Im Allgemeinen

Das Güterrecht regelt die Wirkung der Ehe auf das Vermögen der Ehepartner. Unser Gesetzgeber arbeitet dabei mit sogenannten Güterständen. Man unterscheidet zwischen drei möglichen Güterständen, nämlich der Gütertrennung, der Gütergemeinschaft und der Errungenschaftsbeteiligung.

Auf den Punkt gebracht, besteht der primäre Unterschied der einzelnen Güterstände darin, wie eng die Ehepartner vermögensrechtlich „zusammenarbeiten“ wollen bzw. wie sehr die Ehepartner ihr Vermögen vermischen möchten: Bei der Gütergemeinschaft wird das Vermögen der Ehepartner, ungeachtet der Herkunft des Vermögens, vermischt und verbunden; demgegenüber bleiben bei der Gütertrennung die Vermögen der Ehepartner vollständig getrennt.

2.1.2 Ordentlicher und subsidiärer Güterstand

Unser Gesetzgeber gibt uns zwar die Wahl zwischen verschiedenen Güterständen, er zwingt uns aber nicht, einen Güterstand zu wählen. Wählen Ehepartner keinen Güterstand, d.h. schliessen Ehepartner keinen Ehevertrag ab, so leben sie grundsätzlich unter dem ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung. Mit anderen Worten: Wer nie einen Ehevertrag abschliesst und bei wem auch nie der ausserordentliche Güterstand der Gütertrennung eingetreten ist, lebt unter dem Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung.

2.1.3 Die vertraglichen Güterstände

Durch Ehevertrag können Ehepartner wählen, unter dem Güterstand der Gütergemeinschaft oder unter dem Güterstand der Gütertrennung zu leben. Möglich ist auch, dass man in einem Ehevertrag den ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung modifiziert. Letzteres ist insbesondere für Unternehmer von Bedeutung. Darauf wird nachfolgend unter Ziff. 3.3 eingegangen.

2.1.4 Ausserordentlicher Güterstand

Vereinfacht gesagt: Wenn es um die Ehe oder die finanzielle Situation eines Ehepartners schlecht steht, kann das Gericht anordnen, dass die Ehepartner künftig unter dem Güterstand der Gütertrennung leben. Der Güterstand der Gütertrennung ist damit der einzige Güterstand, welcher sowohl vertraglich gewählt, als auch richterlich angeordnet werden kann..

2.1.5 Die Gütertrennung

Leben Ehepartner unter dem Güterstand der Gütertrennung, so werden sie in vermögensrechtlicher Hinsicht so behandelt, wie nicht verheiratete Partner. Bei der Gütertrennung haben wir zwei Vermögensmassen, nämlich das Vermögen der Ehefrau und das Vermögen des Ehemannes. Jeder Ehepartner kann über sein Vermögen frei verfügen. Und bei einer Ehescheidung nimmt jeder Ehepartner sein Vermögen zurück; leben Ehepartner also unter dem Güterstand der Gütertrennung, so ist bei der Auflösung der Ehe keine güterrechtliche Auseinandersetzung erforderlich.

2.1.6 Die Gütergemeinschaft

Die Gütergemeinschaft ist das Gegenstück zur Gütertrennung. Bei der Gütergemeinschaft wird die Idee der Ehe, als engste Lebens- und Schicksalsgemeinschaft, auf das Vermögensrecht der Ehepartner übertragen. Kernelement der Gütergemeinschaft bildet das Gesamtgut, welches das gemeinschaftliche Eigentum am ehelichen Vermögen umfasst. Das Gesamtgut umfasst je nach Konstellation praktisch das gesamte Vermögen beider Ehepartner.

Nur wenige Ehepartner leben unter dem Güterstand der Gütergemeinschaft. Dies liegt unter anderem daran, dass die Gütergemeinschaft ein schwerfälliger Güterstand ist, denn von der Grundidee her agieren bei der Gütergemeinschaft beide Ehepartner immer gemeinsam. Die Gütergemeinschaft birgt aber auch grosse Risiken für die Ehepartner, denn grundsätzlich haftet für die Schulden eines Ehepartners das Gesamtgut. Dies, im Unterschied zur Gütertrennung, wo lediglich das Vermögen des jeweiligen Ehepartners Haftungssubstrat für seine Schulden bildet. Die Gütergemeinschaft bedingt auch eine sehr hohe Kooperationsbereitschaft der Ehepartner, denn diese können grundsätzlich nur gemeinsam über das Gesamtgut verfügen. Und wenn es in der Ehe einmal Probleme gibt, kann es folglich auch schwierig bis unmöglich werden, über das eheliche Vermögen zu verfügen. Dies kann insbesondere für Unternehmerehegatten fatale Folgen haben.

Der Vollständigkeit halber noch der Hinweis, dass es bei der Gütergemeinschaft drei Gütermassen gibt, nämlich das Gesamtgut und die beiden Eigengüter. Gemäss Art. 225 ZGB umfasst das Eigengut jedes Ehepartners von Gesetzes wegen diejenigen Gegenstände, die ihm ausschliesslich zum persönlichen Gebrauch dienen, sowie allfällige Genugtuungsansprüche, welche ein Ehepartner während der Ehe erlangt hat. Ohne abweichende vertragliche Regelung, bildet dann das gesamte übrige Vermögen der Ehepartner deren Gesamtgut.

2.1.7 Die Errungenschaftsbeteiligung

Und damit zu demjenigen Güterstand, unter dem die meisten Ehepartner leben, dem Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung.

Wie erwähnt, leben grundsätzlich alle Ehepartner unter dem Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung, sofern sie nicht durch einen Ehevertrag einen anderen Güterstand gewählt oder das Gericht die Gütertrennung angeordnet hat.

Bei der Errungenschaftsbeteiligung werden vier Gütermassen unterschieden, nämlich das Eigengut und die Errungenschaft der Ehefrau und das Eigengut und die Errungenschaft des Ehemannes. Bei der Errungenschaftsbeteiligung gibt es im Unterschied zur Gütergemeinschaft keine Vermögensmasse, welche von Gesetzes wegen beiden Ehepartnern gemeinsam gehört.

Gemäss Art. 200 Abs. 3 ZGB gilt alles Vermögen eines Ehegatten bis zum Beweis des Gegenteils als Errungenschaft. Errungenschaft stellt gemäss Art. 197 ZGB unter anderem der Arbeitserwerb eines Ehepartners, aber auch die Erträge seines Eigenguts dar. Unter Arbeitserwerb versteht man nicht nur den Lohn eines Ehepartners, sondern auch Boni und Dividendenzahlungen, welche ein Ehepartner erhält. Für Unternehmer von Bedeutung ist, dass wie erwähnt auch die Erträge aus Eigengut eines Ehepartners in dessen Errungenschaft fallen, sofern und soweit dies vertraglich nicht anders vereinbart wurde. Das bedeutet beispielsweise: Bringt ein Ehepartner ein Unternehmen in die Ehe ein und schüttet jener Ehepartner regelmässig hohe Dividenden aus jenen Unternehmen aus, so fallen jene Dividenden nicht etwa in das Eigengut des entsprechenden Ehepartners, sondern in die Errungenschaft, dies mit der Konsequenz, dass jene Dividenden bei einer Auflösung der Ehe – soweit noch vorhanden – unter den Ehepartnern hälftig geteilt werden müssen.

Eigengut eines Ehepartners sind gemäss Art. 198 ZGB unter anderem diejenigen Gegenstände bzw. Vermögenswerte, welche ein Ehepartner zu Beginn der Ehe besass und diejenigen Vermögensgegenstände, welche ein Ehepartner während der Dauer der Ehe geerbt hat bzw. geschenkt erhielt

2.2 Die güterrechtliche Auseinandersetzung

2.2.1 Auflösung des Güterstandes / Durchführung der güterrechtlichen

Wie erwähnt, muss bei der Gütertrennung keine güterrechtliche Auseinandersetzung vorgenommen werden und wie ebenfalls erwähnt, ist die Gütergemeinschaft ein Güterstand, welcher insbesondere für Unternehmer ohne grosse Bedeutung ist und auch generell selten vorkommt. Im Übrigen lehnt sich die güterrechtliche Auseinandersetzung bei der Gütergemeinschaft eng an die Grundsätze an, welche für die Errungenschaftsbeteiligung gelten. Nachfolgend wird daher nur behandelt, wie der Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung aufgelöst wird.

Eine Auflösung des Güterstandes findet beim Tod eines Ehepartners, bei der Vereinbarung eines anderen Güterstandes, sowie bei der Scheidung, Trennung oder Ungültigerklärung der Ehe oder gerichtlicher Anordnung der Gütertrennung statt.

Obwohl bei der Errungenschaftsbeteiligung – dies im Unterschied zur Gütergemeinschaft – die Vermögen der Ehepartner rechtlich getrennt sind, kommt es im Laufe einer Ehe zu vielen Verflechtungen des Vermögens des Ehemannes mit dem Vermögen der Ehefrau und umgekehrt. Bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung geht es nun darum, das Vermögen jedes Ehepartners auszusondern. Auch geht es bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung darum, zu bestimmen, ob eine Vermögensmasse gegenüber der anderen Vermögensmasse einen Mehrwertanteil hat.

2.2.2 Aufteilung des Vermögens auf die Ehefrau und den Ehemann

In einem ersten Schritt muss das Vermögen dem Ehemann bzw. der Ehefrau zugewiesen werden. In der Regel stellt dies kein Problem dar. Schwierig wird es jedoch, wenn Vermögenswerte im Miteigentum der Ehepartner stehen. Dies trifft häufig bei ehelichen Liegenschaften zu. Können sich die Ehepartner nicht darauf einigen, was mit den im Miteigentum stehenden Gegenständen geschieht, hat ein Gericht diese Gegenstände demjenigen Ehepartner zuzuweisen, welcher ein überwiegendes Interesse an diesem Gegenstand nachweisen kann. Denkbar ist aber auch, dass Ehepartner, auch nach dem Vollzug einer güterrechtlichen Auseinandersetzung, Miteigentümer von Gegenständen bleiben, genauso, wie nicht verheiratete Personen, Miteigentümer von Gegenständen sein können. Zugeordnet werden müssen jedoch nicht nur die Aktiven, sondern auch die Passiven.

2.2.3 Berechnung des Vorschlags

Nach dieser Zuordnung, haben wir also zwei Vermögensmassen: Einerseits das Vermögen der Ehefrau, andererseits das Vermögen des Ehemannes. Nun geht es darum, die Positionen zu bewerten. Entscheidend ist dabei der Verkehrswert. Ausnahme: Für landwirtschaftliche Gewerbe gilt nicht der Verkehrswert, sondern der viel tiefere Ertragswert. Aber wie wird nun der Verkehrswert bestimmt? Hier wendet man häufig die sogenannte Praktikermethode an. Diese berücksichtigt zweimal den Ertragswert und einmal den Substanzwert und teilt das Ergebnis sodann durch drei. Dies kann jedoch zu völlig falschen Ergebnissen führen. Je nachdem ist nämlich der Liquidationswert entscheidend oder aber es muss nach der Discounted Cash-Flow-Methode vorgegangen werden. Schwierig ist insbesondere auch die Bestimmung des Verkehrswertes von Einzelfirmen. Ich denke dabei an Arztpraxen, Architekturbüros etc.

Und wenn dann alle Vermögenswerte – wohlvermerkt Aktiven und Passiven – einem der Ehepartner zugeordnet und bewertet sind, geht es noch darum, von den beidseits errechneten Nettovermögen, die beidseits unter Umständen vorhandenen Eigengüter in Abzug zu bringen: War die Bestimmung des relevanten Vermögens schwierig, so wird die Berücksichtigung der Eigengüter noch erheblich schwieriger, denn: Berücksichtigt wird nur dasjenige Eigengut, welches auch noch vorhanden ist. Verbrauchtes Eigengut wird also nicht berücksichtigt. Dies kann zu extremen Ungerechtigkeiten führen, dies beispielsweise dann, wenn die Ehefrau ihr Eigengut für die Hochzeitsreise und die Möblierung der Wohnung verwendet und der Ehemann sein Eigengut in eine Baulandparzelle investiert hat. Bei dieser Konstellation, würde nämlich auf Seiten der Ehefrau kein Eigengut mehr berücksichtigt und auf Seiten des Ehemannes, würde die zwischenzeitlich viel wertvollere Baulandparzelle dem Eigengut des Ehemannes zugeordnet.

2.2.4 Konjunktureller und industrieller Mehrwert

Das schwierigste Kapitel der güterrechtlichen Auseinandersetzung steht jedoch noch bevor. Nämlich: Die Bestimmung und Zuordnung von Mehrwert- bzw. Minderwertbeteiligungen.

Hier muss man grundsätzlich den sogenannten konjunkturellen Mehrwert vom industriellen Mehrwert unterscheiden. Der industrielle Mehrwert ist durch eine Arbeitsleistung, der konjunkturelle Mehrwert durch Marktmechanismen entstanden. Beispiel: Die Ehefrau besitzt bei der Eheschliessung eine Landparzelle, welche CHF 100‘000.00 Wert hat und bei der Scheidung hat jene Parzelle, die immer noch nicht überbaut ist, einen Wert von CHF 1 Mio. Hier spricht man von konjunkturellem Mehrwert, da der entsprechende Mehrwert einzig und allein dadurch eingetreten ist, weil die Liegenschaftspreise gestiegen sind. Dieser Mehrwert in Höhe von CHF 900‘000.00 verbleibt vollständig der Ehefrau. Ein industrieller Mehrwert liegt bei folgender Konstellation vor: Der Ehemann besass bei Eingehung der Ehe, einen Kleinbetrieb, der einen Wert von CHF 100‘000.00 hatte. Während der Dauer der Ehe hat der Ehemann durch seinen Arbeitseinsatz erreicht, dass dieses Unternehmen zum Zeitpunkt der Auflösung des Güterstandes einen Wert von CHF 1 Mio. hat. Es liegt ein industrieller Mehrwert in der Höhe von CHF 900‘000.00 vor. Dieser wird der Errungenschaft zugeordnet und muss hälftig geteilt werden. Bei den meisten Konstellationen tragen jedoch industrielle und konjunkturelle Faktoren zur Wertvermehrung bei, dies beispielsweise dann, wenn das erwähnte Kleinunternehmen eine Betriebsliegenschaft besitzt. Bei dieser Ausgangslage wäre der Mehrwert von CHF 900‘000.00 wohl einerseits auf den konjunkturellen Mehrwert der Liegenschaft, andererseits aber auch auf den industriellen Mehrwert des Betriebes zurückzuführen, was bei der Zuteilung des Mehrwertes zu berücksichtigen wäre.

2.3 Der Ehevertrag

Heiratet ein Paar, ohne einen Ehevertrag abzuschliessen, lebt jenes Ehepaar unter dem Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung. Sind die Einkommens- und Vermögensverhältnisse jener Ehepartner unkompliziert, so ist die vom Gesetz für das Güterrecht vorgesehene Regelung vollkommen genügend und muss nicht vertraglich optimiert werden. Sind die Einkommens- und Vermögensverhältnisse eines Ehepartner jedoch komplex, besitzt ein Ehepartner gar eine Unternehmung, so empfiehlt es sich, frühzeitig darüber nachzudenken, ob es nicht angebracht wäre, den gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung, mit Hilfe eines Ehevertrages, zu modifizieren oder einen anderen Güterstand zu wählen.

Ein Ehevertrag kann vorehelich oder während der Ehe abgeschlossen werden. Damit ein Ehevertrag gültig wird, muss er öffentlich beurkundet sein. Mit einem Ehevertrag kann ein Güterstand begründet, ein Güterstand gewechselt oder ein Güterstand modifiziert werden. Am einfachsten und klarsten ist der Wechsel des Güterstandes. Meist geht es um den Wechsel von der Errungenschaftsbeteiligung hin zur Gütertrennung. Leben Ehepartner unter dem Güterstand der Gütertrennung, so haben sie vermögensrechtlich sehr einfache Verhältnisse. Es gibt nur noch Vermögen des Ehemannes und Vermögen der Ehefrau. In vielen Konstellationen führt dies jedoch zu ungerechten Verhältnissen. Dies unter anderem bei folgender Konstellation:

Zwei gleich gut ausgebildete Partner entschliessen sich zu heiraten. Sie wählen den Güterstand der Gütertrennung. Nach einigen Ehejahren wird der Ehemann selbständig und baut ein Unternehmen auf, währenddem sich die Ehefrau zu 100% der Erziehung der gemeinsamen Kinder widmet. Indem die Ehefrau den ganzen Haushalt besorgt, die Kinderbetreuung erledigt und das ganze Sozialleben der Ehepartner und der Familie organisiert, ermöglicht es die Ehefrau dem Ehemann wirtschaftlich erfolgreich zu werden. Sie hilft ihm auch regelmässig bei der Fällung unternehmerischer Entscheidungen. Wird nun diese Ehe beispielsweise durch Scheidung aufgelöst, so gehört die Unternehmung und damit in der Regel das gesamte Vermögen dem Ehemann und die Ehefrau hat kein Vermögen.

Ehepartnern, welche dieses Ergebnis für ungerecht halten, ist zu empfehlen, ehevertraglich ein anderes Modell für das Güterrecht zu wählen:

  • Beispielsweise eine Regelung, bei der der Ehefrau trotz der Gütertrennung pro Ehejahr eine fixe Entschädigung zusteht, welche die Ehefrau sparen kann;
  • oder man wechselt von der Gütertrennung hin zur Errungenschaftsbeteiligung und beschränkt den Vorschlag (d.h. den Anspruch der Ehefrau an der Errungenschaft) beispielsweise pro Ehejahr betragsmässig;
  • oder aber man wählt den Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung und weist die Unternehmung dem Eigengut des Ehemannes zu, verpflichtet diesen jedoch vertraglich, einen branchenüblichen Lohn zu beziehen, so dass neben dem Betriebsvermögen übriges Vermögen entsteht, welches im Rahmen der Errungenschaftsbeteiligung hälftig zu teilen ist;
  • oder aber man lässt den Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung so wie er ist und schliesst zwischen den Ehepartnern, als Aktionäre der Unternehmung, einen Aktionärbindungsvertrag ab, indem geregelt wird, was bei einer Scheidung mit den Aktien geschehen soll.

2.4 Die Ehegattengesellschaft

Ein hochspannendes aber viel zu wenig beachtetes Institut, ist die sogenannte Ehegattengesellschaft: Wenn zwei miteinander nicht verheiratete Menschen gemeinsam einen Betrieb führen, bilden sie von Gesetzes wegen, sofern nichts anderes vereinbart wird, eine einfache Gesellschaft. Und was bei nicht verheirateten Menschen gilt, gilt erst recht bei verheirateten Menschen. Dies wird häufig vergessen, kann aber fatale Konsequenzen haben. Dazu ein einfaches Beispiel:

Ein Ehepaar lebt unter dem Güterstand der Gütertrennung. Der Ehemann führt seine Unternehmung. Die Ehefrau betreut die Kinder und arbeitet als Lehrerin. Je älter die Kinder werden, desto mehr arbeitet auch die Ehefrau in diesem Unternehmen mit. Sie übernimmt in der Unternehmung auch Führungsaufgaben. Nach aussen hin, treten sowohl die Ehefrau als auch der Ehemann für das Unternehmen auf.

Bei dieser Konstellation wäre es nicht unwahrscheinlich, dass ein Gericht bei einer güterrechtlichen Auseinandersetzung die Unternehmung als einfache Gesellschaft behandeln würde. Dies mit der Konsequenz, dass die Ehefrau trotz Gütertrennung Anspruch auf maximal die Hälfte des Gesellschaftskapitals hätte.

3. Finanzielle Risiken einer Scheidung

3.1 Risiken für den Unternehmer / Risiken für das Unternehmen

3.1.1 Scheidungsfolgen im Allgemeinen

Bei jeder Ehescheidung muss unter drei Titeln geprüft werden, welcher Ehepartner dem anderen wie viel Geld schuldet:

  • Es muss geprüft werden, ob ein Ehepartner dem anderen nachehelichen Unterhalt oder Kinderunterhalt schuldet.
  • Dann muss geprüft werden, ob ein Ehepartner dem anderen Ehepartner unter dem Titel BVG-Ausgleich Geld bezahlen muss.
  • Und zu guter Letzt, muss noch geprüft werden, ob der eine Ehepartner dem anderen einen güterrechtlichen Ausgleichsbetrag schuldet. Und wie aufgezeigt, muss der zuletzt erwähnte Punkt auch dann geprüft werden, wenn die Ehepartner unter dem Güterstand der Gütertrennung gelebt haben.

3.1.2 Güterrechtliche Auseinandersetzung und Aufteilung der Altersvorsorge

Dies alles gilt für alle Ehepartner. Bei der Scheidung von Unternehmern ist jedoch häufig alles schwieriger; es ist daher grösste Vorsicht angebracht, denn nicht selten führen die finanziellen Verpflichtungen, die sich für den Unternehmerehegatten aus der Scheidung ergeben, auch zu finanziellen Risiken für das Unternehmen.

Dieses Problem ist deswegen so gross,

  • weil Unternehmer sehr häufig privates und geschäftliches vermischen (Häufig werden Privatausgaben dem Geschäft belastet, häufig haftet das Privatvermögen für das Geschäft, etc.),
  • weil häufig das Geschäft das einzige Aktivum der Ehepartner darstellt
  • und weil Unternehmer häufig gar darauf verzichten, ihre Altersvorsorge angemessen über eine Pensionskasse sicherzustellen, dies mit der Begründung, die Unternehmung sei letztlich irgendwann die Altersvorsorge.

Diese Punkte können dazu führen, dass Unternehmerehen faktisch nicht scheidbar sind, denn: Wenn beispielsweise die Einzelunternehmung des Ehemannes die eheliche Liegenschaft besitzt, in welcher auch die Familie lebt und diese Unternehmung das einzige Aktivum der Ehepartner darstellt und damit auch die Altersvorsorge der Ehepartner bildet, wie kann bei dieser Konstellation der güterrechtliche Anspruch der Ehefrau ausbezahlt und die Altersvorsorge der Ehefrau ausgesondert werden?

Noch schlimmer wird es, wenn – was relativ häufig vorkommt – die Ehefrau noch solidarisch für Geschäftskredite haftet oder die Ehefrau aktiv im Geschäft des Ehemannes mitgearbeitet hat.

Wenn die Verhältnisse derart verstrickt sind, können sich die Ehepartner unmöglich eine strittige Scheidung erlauben; vielmehr sind derartige Ehepartner auf Gedeih und Verderben aneinander gebunden und die Ehe kann nur gemeinsam am runden  Tisch geschieden werden. Dies beispielsweise, indem man im Nachhinein mühsam versucht, Privates vom Geschäft zu trennen, beispielsweise das Geschäft in eine Aktiengesellschaft einbringt und der Ehefrau für ihre güterrechtlichen Ansprüche einen Teil der Aktien abtritt. Selbstverständlich muss bei dieser Konstellation ein  Aktionärbindungsvertrag abgeschlossen werden, der sicherstellt, dass der Ehemann dereinst die Aktien auch wieder zurückkaufen kann.

3.1.3 Unterhaltsfragen

Art. 125 ZGB: „Ist einem Ehegatten nicht zuzumuten, dass er für den ihm gebührenden Unterhalt unter Einschluss einer angemessenen Altersvorsorge selbst aufkommt, so hat ihm der andere einen angemessenen Beitrag zu leisten.“ Diese Bestimmung gilt für alle Ehen. Anhand dieser Bestimmung muss bei jeder Scheidung geprüft werden, ob ein Ehepartner dem anderen Unterhalt schuldet. Zusätzlich geschuldet sind Kinderunterhaltsbeiträge. Bisher spielten letztere bei einer Scheidung eine untergeordnete Rolle; ab 1. Januar 2017 wird sich dies jedoch ändern, denn ab 1. Januar 2017 werden die Kinderunterhaltsbeiträge massiv höher ausfallen, als bisher, dies weil neu auch ein Betreuungsunterhalt bezahlt werden muss.

Unterhaltsberechnungen sind nicht einfach, dies erst recht bei Unternehmerscheidungen, denn: Im Unterschied zu einem Angestellten, ist bei einem Unternehmerehegatten, ob er nun Angestellter seiner Firma oder selbständig erwerbend ist, nie ganz klar, was er nun tatsächlich verdient. Und von der Höhe dieses Verdienstes hängt letztlich die Höhe der Unterhaltsbeiträge ab.

Bei der Bestimmung, des für die Unterhaltsberechnung relevanten Einkommens eines Unternehmers, müssen unter anderem folgende Punkte berücksichtigt werden:

  • Ist das ausbezahlte Einkommen zu hoch, weil man in den vergangenen Jahren zu wenig investiert hat, weil der Geschäftsgang künftig schlechter sein wird, etc.
  • Ist das ausbezahlte Einkommen zu tief, weil man in den Vorjahren zu hohe Investitionen und Überabschreibungen getätigt hat, weil man den Gewinn zu unrecht in der Firma belassen und sich zu tiefe Gehälter oder Dividenden ausbezahlt hat, ist das Einkommen bzw. der Geschäftserfolg zu tief, weil man entweder nicht alle Einnahmen verbucht oder aber Privatausgaben über das Geschäft bezahlt hat, etc.

3.1.4 Gefährdung der Unternehmung

Nicht selten führt die Scheidung eines Unternehmers aus den oben dargelegten Gründen, nicht nur zum Ende der Ehe, sondern auch zu einem vorzeitigen Ende der Unternehmung. Dies beispielsweise dann, wenn ein Ehepartner während der Dauer der Ehe zu viel Kapital aus seinem Unternehmung bezogen und notwendige Investitionen vernachlässigt hat. Dann wird ein Gericht nämlich die nachehelichen Unterhaltsbeiträge, gestützt auf die in den Vorjahren bezogenen Gehälter, berechnen, was letztlich dazu führt, dass der Unternehmerehegatte auch künftig derart hohe Geldbezüge tätigen muss, auch wenn er im Unternehmen gar nicht mehr über das benötigte liquide Kapital verfügt.

3.2.1 Möglichkeiten der Risikominimierung

3.2.2 Schutzmechanismen vor der Eheschliessung

Gut prüft, was sich ewig bindet! Wird diese Weisheit berücksichtigt, kann die Scheidungswahrscheinlichkeit schon ganz erheblich gesenkt werden. Aber bekanntlich können sich Menschen im Laufe der Zeit ja auch verändern. Da dies so ist, empfiehlt es sich, vor der Eheschliessung zu prüfen, ob es nicht angezeigt wäre, vor der Eheschliessung einen Ehevertrag abzuschliessen. Mit einem guten Ehevertrag kann zumindest erreicht werden, dass es bezüglich Güterrecht zu weniger strittigen Auseinandersetzungen kommt.

Ist es aber auch möglich, in einem Ehevertrag die Höhe des nachehelichen Unterhaltes zu regeln? In Deutschland ist dies gang und gäbe, aber in der Schweiz ist dies verpönt. Es gibt jedoch Mischformen, welche zulässig sind:

So kann bei der Eheschliessung Gütertrennung vereinbart und in einem separaten Vertrag fixiert werden, wie hoch die Unterhaltsansprüche der Ehefrau und der Kinder bei einer allfälligen Scheidung sind. Diese Regelung wird dann mit einer „Bonuszahlung“ ergänzt; jene Bonuszahlung wird zur Zahlung fällig, wenn sich die Ehefrau bezüglich Unterhalt an die getroffenen Abmachungen hält. Bei einer derartigen Konstellation überlegt es sich der Unterhaltsberechtigte dann zweimal, ob er das Risiko einer strittigen Auseinandersetzung eingehen möchte oder nicht lieber die vereinbarten Unterhaltszahlungen akzeptiert und die Bonuszahlung kassiert.

3.2.3 Schutzmechanismen während der Dauer der Ehe

Eine alte Bauernweisheit besagt, dass man nicht alle Eier in den gleichen Korb legen soll. Leider missachten insbesondere Unternehmer diese Weisheit sehr häufig. Dies, weil sie von sich und ihrem Unternehmen derart überzeugt sind, dass sie es nicht für notwendig erachten, zu diversifizieren. Und dies kann dann, wie oben gezeigt wurde, dazu führen, dass es im Rahmen einer Ehescheidung nicht möglich ist, für die Auszahlung der Ehefrau benötigtes Kapital bereitzustellen, ohne dass man beispielsweise einen Teil der Unternehmung an Dritte verkauft.

Die Scheidungsrisiken für den Unternehmer und das Unternehmen können auch durch die Beachtung folgender Punkte massgeblich reduziert werden:

  • Das Geschäftsvermögen soll möglichst vom Privatvermögen getrennt werden.
  • Für Geschäftsschulden soll nach Möglichkeit nicht auch das Privatvermögen haften.
  • Ehepartner sollen, vor dem Aufbau eines Geschäftes bzw. einer Unternehmung prüfen, ob sie dieses Unternehmen gemeinsam besitzen wollen oder ob das Unternehmen nur einem Ehepartner gehören soll. Achtung vor der Ehegattengesellschaft!
  • Vorteilhaft ist es auch, wenn sich der Unternehmerehegatte ein möglichst konstantes Einkommen auszahlen lässt.
  • Das Risiko für das Unternehmen und den Unternehmer kann auch dadurch reduziert werden, wenn der Unternehmer seine Altersvorsorge über eine Pensionskasse sicherstellt.

3.2.4 Schutzmechanismen während der Scheidung

Wer die unter 3.2.1 und 3.2.2 hiervor erwähnten Punkte beachtet hat, muss den nachfolgenden Punkten nicht mehr so grosse Beachtung schenken. Nichtsdestotrotz, sollte während dem Scheidungsverfahren beachtet werden, dass es bei einer Scheidung nicht nur um Geld, sondern auch um sehr viel Emotionen geht. Es empfiehlt sich daher, bei einer Scheidung unter anderem folgende Mechanismen zu berücksichtigen:

  • Unnötige Provokationen sind tunlichst zu vermeiden.
  • In der Regel fühlt sich bei einer Scheidung ein Ehepartner als der verlassene Ehepartner. Es empfiehlt sich, diesen Umstand ernst zu nehmen und die Ängste und Sorgen jenes Ehepartners besonders zu beachten.
  • Ein vorschnelles „Nein“, ist in aller Regel die falsche Antwort!
  • Ausnahmslos gilt wohl auch: Es kommt massiv billiger, wenn man bei einer drohenden Trennung / Scheidung frühzeitig fachlichen Rat holt, als wenn man zuwartet, bis der Streit eskaliert.
  • Und zu guter Letzt noch folgender Hinweis: Es gibt nur den Weg, dass man zuerst nach einer aussergerichtlichen Lösung sucht und wenn dies scheitert, das Gericht anruft; nicht praktikabel ist, wenn man zuerst vor Gericht streitet und nachher noch versucht, einen Konsens zu finden, denn in aller Regel wird beim Gericht das wenige Porzellan, das vorher noch ganz war, definitiv zertrümmert.
Felix Müller

Felix Müller

Dr. iur., Rechtsanwalt, Mediator SAV, Collaborative Lawyer SVCL
Teamleiter